Postkarte Camp-Bornhofen | © Heimatverein Kamp-Bornhofen

Geschichte

Kirschen mit Tradition

Die Kirsche hat eine lange Tradition im Mittelrheintal. In seiner Naturalis historia erwähnt PLINIUS schon um 60 n. Chr. einen Kirschanbau in der Rheinregion. Die nächsten Zeugnisse stammen aus dem Mittelalter, wo ab dem 13. - 14. Jahrhundert Obstbäume und auch bereits Obstgärten erwähnt werden. Reine Kirschgärten scheint es vereinzelt seit dem 15. Jahrhundert gegeben zu haben, so in Bacharach und Kaub. Über die Jahrhunderte wurde das Obst, wie in anderen Regionen auch, vorwiegend zum Eigenverbrauch angebaut.  Ab der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts begann man in Salzig den Kirschanbau zu intensivieren, so dass die Kirschen nun auch erwerbsmäßig vermarktet wurden. In der Folge wurden ab 1830 in Salzig regelmäßig Kirschmärkte abgehalten und die Vermarktung genossenschaftlich organisiert. Die Kirschen wurden in Körben auf Kähnen nach Bonn und Köln, auf Dampfschiffen bis nach Holland und sogar England exportiert. Neben Salzig entwickelten sich um 1880 auch andere Gemeinden zu Kirschanbauzentren. Die Kirschen wurden nun hauptsächlich in die sich entwickelnden Ballungszentren an Rhein und Ruhr geliefert, wobei sich der Transport zunehmend von der Rheinschiffart auf die neu entstandenen Eisenbahnlinien verlagerte. Um die Jahrhundertwende kam es zu einem Niedergang des Weinbaues durch das Auftreten von Rebschädlingen bzw. -krankheiten aus Nordamerika und Frankreich sowie eine Häufung von Jahren mit Missernten. Anstelle der Weinberge traten im nördlichen Bereich des Mittelrheintales Kirschpflanzungen, an klimatisch begünstigen Orten wurden auch Aprikosen und Pfirsiche angebaut. Diese Entwicklung wurde durch die guten Preise forciert, die für Frischobst gezahlt wurden. Schwerpunkt des aufstrebenden Erwerbs-Süßkirschanbaus waren Anfang des 20. Jahrhunderts die Regionen von Brey bis Hirzenach bzw. Niederlahnstein bis Wellmich. Um diese Zeit wurde eine Vielzahl oft nur lokal begrenzt vorkommender Sorten mit Schwerpunkt auf Frühsorten angebaut.

 

Ab Mitte der 1930er Jahre erfolgte eine rückläufige Phase durch den Zweiten Weltkreig und einige besonders harte Winter. Insbesondere auf der rechten Rheinseite kam es in diesem Zeitraum zu einer zunehmenden Verlagerung vom Süß- zum Sauerkirschanbau. Nach der Währungsreform Anfang der 1950er Jahre erfolgte eine Ausweitung des Kirschanbaus, Rheinland-Pfalz war zu dieser Zeit ein auch im Bundesvergleich bedeutender Obstproduzent. 1958 standen in dem geschlossenen Kirschanbaugebiet des nördlichen Mittelrheintals über 370.000 Kirschbäume, der Bestand hatte sich gegenüber 1951 nochmals um fast 40% erhöht. Die Kirschen wurden in der Region auch verarbeitet, es gab Keltereien und Brennereien, darunter eine Abfindungsbrennerei in Kamp (Salzig-Brennerei), kurzfristig eine Marmeladenfabrik in Filsen sowie eine Konserven- und Marmeladenfabrik in Kamp-Bornhofen (Herzog Hofen Brennerei).

 

Seit Mitte der 1960er Jahre geht der Kirschanbau rapide zurück. Der Handel verlangte nach größeren Partien von Ware einheitlicher Qualität. Zudem führte die Konkurrenz von Einfuhren aus Südeuropa dazu, dass die standortklimatischen Vorteile des Rheintales nicht mehr so ins Gewicht fielen. Aufgrund des Rückgangs des Obstanbaus ist seit den 1960er Jahren ein zunehmendes Brachfallen der ehemaligen Obstanbauflächen zu beobachten. 1983 wurde der Koblenzer Großmarkt geschlossen, das Obst muss seitdem in das 80 km entfernte Roisdorf gebracht werden. Auch die früher in fast allen Orten existierenden Obstsammelstellen wurden nach und nach geschlossen. Aktuell existiert in der Region nur noch die Sammelstelle in Mülheim-Kärlich, die von wenigen Direktvermarktern beliefert wird.