Camera Obscura | © ZV Welterbe / Schüler des Wilhelm-Hofmann-Gymnasium

After Turner

Kunst aus Licht und Natur!

Mithilfe der Camera Obscura - einer einfachen Filmdose mit lichtempfindlichem Material - hielt ein Kunstkurs des Wilhelm-Hofmann-Gymnasiums an den Malstandorten William Turners ihren eigenen Blickwinkel auf ihre Landschaft fest. In 14 Tagen Belichtungszeit entstanden so fotografische Zauberwerke nach der Urform der Fotografie.

 

In Kooperation mit dem übergeordneten Kunstprojekt "The 7th Day" und unterstützt vom Zweckverband Welterbe Oberes Mittelrheintal veranstaltete die Kunstlehrerin Isabel Stahnecker zusammen mit dem Künstler Jürgen Czwienk einen umfangreichen Workshop mit Schülerinnen der MSS 13, bei dem Historie und Funktionsweise der Camera Obscura anschaulich vermittelt wurden. Diese frühe Technik bringt abstrakte Ansichten von der Natur hervor, die zwischen Malerei und Fotografie changieren. Wie bei Turner steht dabei immer die Sonne im Mittelpunkt. Sie ist der eigentliche Künstler der Bilder. Alles Neuzeitliche und Schnelllebige verschwindet im Licht und Schatten einer Blackbox, die tagelang und oft auch wochenlang ihre Bilder förmlich ausbrütet.

 

An historischen Malstandorten des englischen Malers William Turner spürten die Schüler dessen weltberühmten Rheinzyklus nach. Damit verbunden war eine Erweiterung der Institution Schule hin zur realen Kunstproduktion, indem ein Einblick in den professionellen Ablauf des Kunstschaffens, in wirtschaftliche Aspekte des Kunstbetriebs und in das Ausstellungswesen verschafft wurde.  Die Interaktionen bei den Exkursionen führten zu regem Austausch der Schüler untereinander und entdeckendes Lernen brachte sie auf Spurensuche von J.M.W. Turner und seinem berühmten Rheinzyklus.

 

Mit den einmaligen Aufnahmen konnten die Schülerinnen und Schüler auch die Jury des Deutschen Jugendfotopreis überzeugen. Der Preis wird seit 1962 an die besten Fotos von Kindern, Jugendlichen und jungen Fotografen unter 26 Jahren verliehen und ging im Jahr 2020 erstmals ins Welterbe Oberes Mittelrheintal.

 

Was ist eine Camera Obscura?

Eine Lochkamera ist eine einfache Vorrichtung: Licht, welches durch eine kleine Öffnung (das Loch) in einen sonst lichtdichten und verhältnismäßig kleinen Hohlkörper fällt. Es entsteht so auf der gegenüberliegenden Seite ein auf dem Kopf stehendes Bild. Dieses Bild lässt sich auf lichtempfindlichem Material festhalten. Der Begriff ist deutlich spezieller und jünger als der gelegentlich synonym gebrauchte Begriff camera obscura.

 

Lob der Unschärfe - Camera Obscura

Heute genügen bereits ein paar schnelle Klicks in einer Foto-App, um ein Bild in eine andere Stimmung zu versetzen. Mit der Aufnahmetechnik der Camera Obscura liegt man allerdings schnell außerhalb postmoderner Bilderwelten. Ein winziges Loch in einer Dose genügt, um den Betrachter rätseln zu lassen: Ist das Malerei oder Fotografie? Eine wichtige Frage stellt sich allerdings bei diesen Bildern: Ist das unscharfe Bild heutzutage ein Manko in Zeiten höchster Bildauflösungen?

 

Kunst und Komplizenschaft After Turner

In diesem Projekt wurde das Fotopapier nach Entnahme aus der Camera Obscura von unseren Projektpartnern von "The 7th Day"  in einer Dunkelkammer gescannt und digitalisiert. Aber was ist die Rolle des Fotografen, der die Filmdosen aufhängt und die Belichtung startet? Nun, er löst einen Prozess aus, der ganz seinem natürlichen Verlauf überlassen wird. Und das kostet Zeit – je nach Standort, Ausrichtung der Filmdose und Sonnenstunden der Jahreszeit. Manchmal 14 Tage und mehr. Nur so wird der Fotograf zum stillen Beobachter eines Prozesses, den er nach der Platzierung der Camera Obscura nicht mehr beeinflussen kannt: Er wird zum Komplizen der Natur!

 

Camera Obscura | © ZV Welterbe / Schüler des Wilhelm-Hofmann-Gymnasium

 

Resümee

„Ein kleines Loch verändert den Blick auf die Welt! Weltweit beschäftigen sich Künstler mit dem Zauber des optischen Phänomen der Camera obscura. Einer davon ist der Künstler Przemek Zajfert, dessen internationales Kunstprojekt The 7th day die Vorlage zu After Turner lieferte. Glücklicherweise konnte man ihn im Vorfeld für eine Kooperation gewinnen, die einen reibungslosen Ablauf dieser Kunst und Mitmach-Aktion für die Schüler garantierte. Die Erfahrung, nur ein Bild machen zu können, rief zunächst Staunen und Unglauben hervor. Doch die Ergebnisse sprechen für sich! Der fremde Blick auf die vertraute Heimat war auch das erklärte Ziel aller Macher. Aus Künstlersicht ist dieses Experiment gelungen. Mir war mit diesem Projekt vor allem eines wichtig: Sich dem möglichen Zauber unserer Welt ein wenig zu öffnen, um somit ganz sinnlich etwas zu erfahren, was im Alltag immer mehr zu verschwinden scheint. Somit ist dieser Bilderzyklus auch eine Hommage an das Genie des Lichts, und fügt dem Mythos der Rheinromantik eine neue Variante hinzu.“
Jürgen Czwienk, Medienkünstler


„Tatsächlich habe ich den Eindruck, dass die Schüler jetzt mit anderen Augen das Obere Mittelrheintal wahrnehmen und bewusster mit ihrer Heimat umgehen können. Die Wertschätzung, die die verschiedenen Ausstellungen generieren werden, ist für die Schüler eine persönlichkeitsbildende Erfahrung.“
Isabel Stahnecker, Projektleitung, Kunstlehrerin am Wilhelm-Hofmann-Gymnasium

 

Kunstwerke erwerben

Die Kunstwerken, die im Rahmen des Projektes entstanden sind, werden von den Schülern und Schülerinnen in Eigenregie reproduziert und verkauft. Gerne stellt die Geschäftsstelle den Kontakt her. 

 

In der projektbegleitenden Broschüre sind alle Werke zu sehen: 

 

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