Sichtachsenstudie zur Windkaft im Welterbe
Das Ziel der Studie ist es einen Rahmen für den Umgang mit Windenergieanlagen im Umfeld des Welterbes aufzuzeigen, um den Erhalt der einzigartig gewachsenen Kulturlandschaft sicher zu stellen. Das Fachgutachten kann von Kommunen, Planern und Behörden als Grundlage in der Frage der Verträglichkeit von Windkraftanlagen mit dem Welterbe-Status herangezogen werden und bietet damit eine erste Einschätzung von Konfliktpotenzialen im weiteren Planungsverfahren.
Im Gutachten wurden zunächst die Flächen ermittelt, die grundsätzlich für die Nutzung der Windkraft in Frage kommen können und nicht aufgrund von unüberwindbaren Ausschlusskriterien herausfallen. Zu diesen Ausschlusskriterien zählen beispielsweise Naturschutzgebiete, eine zu geringe Windgeschwindigkeit oder sehr geringe Entfernungsabstände zu Wohngebäuden. Übrig blieben zahlreiche potenzielle Windkraftflächen im Umfeld des Welterbes. Diese Flächen unterliegen selbstverständlich noch weiteren Einschränkungen, zum Beispiel durch Naturschutz (NATURA-2000), Denkmalschutz oder Immissionsschutz. Die vorliegende Sichtachsenstudie untersucht die möglichen Windkraftstandorte allerdings ausschließlich im Hinblick auf mögliche Konfliktpotenziale mit der Kulturlandschaft und dem Welterbe-Status. Es ist daher durchaus möglich, dass in der Sichtachsenstudie betrachtete Windkraftanlagen aus anderen Gründen gar nicht genehmigt und errichtet werden könnten.
In einem zweiten Schritt wurde ermittelt, ob und wie viel von den Windkraftanlagen im Mittelrheintal zu sehen sein würde. Bei einer Höhe von 200 Meter, die moderne Windkraftanlagen von heute erreichen, verwundert es nicht, dass diese von den bedeutenden und hoch frequentierten Aussichtpunkten im Mittelrheintal, wie von Maria Ruh, Teufelskadrich, Gedeonseck, Vierseenblick, Drei-Burgen-Blick oder dem Königsstuhl, zu sehen sein werden oder bereits jetzt zu sehen sind. Doch nicht jede am Horizont sichtbare Windkraftanlage kann gleich als konfliktträchtig im Hinblick auf den Welterbe-Status eingestuft werden. Zur Bewertung wurde ein Kriterienkatalog erarbeitet. Sind die Windkraftanlagen sehr dicht am Rhein geplant und ist nicht nur eine Flügelspitze, sondern fast die gesamte Windkraftanlage zu sehen, kann sich dies nachteilig auf das Bild der Kulturlandschaft auswirken. Drehen sich die Windräder beispielsweise im Hintergrund einer Burg, einer einmaligen Aussicht (z.B. Loreley, Rheinschleife) oder historischen Stadtsilhouetten, kann der einzigartige Charakter der Landschaft technisch stark überprägt werden und im schlimmsten Fall verloren gehen. Um hierzu eine Einschätzung zu erhalten, wurden Windkraftanlagen in einige Fotoaufnahmen mit aufwendigen Computerprogrammen in realitätsgetreuer Größe hineinmontiert und somit fotorealistisch dargestellt.
Dort, wo die Planungen der Gemeinden bekannt waren, wurde zunächst auf diese Standorte von Windkraftanlagen zurückgegriffen. In vielen Bereichen ist es aber möglich, dass in der Zukunft weitere Windkraftanlagen hinzukommen, an die jetzt noch niemand denkt. Um auch diese möglichen Ergänzungen berücksichtigen zu können, wurden in zusätzlichen Fotos fiktive, also derzeit nicht geplante, aber dennoch künftig mögliche Windkraftanlagen ergänzt. Gleiches gilt für die Flächen, in denen aktuell noch gar keine Planungen vorliegen, aber grundsätzlich möglich sind. Anhand der Fotomontagen wird damit nicht nur der aktuelle Planungsstand, sondern auch die größtmögliche denkbare Zahl an Windkraftanlagen im Welterbe deutlich. Somit wird auch ein „Worst-Case“-Szenario nicht außer Acht gelassen. Jede Fläche wurde anschließend in Hinblick auf die Verträglichkeit mit dem Welterbe-Status anhand verschiedener Kriterien bewertet und eine fachliche und fachgutacherliche Empfehlung zum Umgang mit visuell sensiblen Bereichen abgegeben.
Vor allem im Rahmenbereich, der als Schutzzone vor mehr als zehn Jahren um das Welterbegebiet gelegt worden ist, wird ein hohes Konfliktpotenzial zwischen der Errichtung von Windkraftanlagen und dem Schutz der Kulturlandschaft gesehen. Aber auch darüber hinaus werden zahlreiche Bereiche von den Gutachtern als kritisch eingestuft und dort ebenso von der Errichtung weitsichtbarer Windkraftanlagen abgeraten, um eine Verunstaltung des Landschaftsbildes zu vermeiden.
Begleitet wurde die Erarbeitung des Fachgutachtens, das von der Grontmij GmbH in Koblenz erstellt wurde und nun mit der UNESCO abgestimmt wird, durch einen Arbeitskreis. Diesem gehörten unter anderem Denkmalpfleger, die Planungsgemeinschaften, die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord sowie das hessische und rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerium an. Die Studie ist Grundlage für den im Oktober gefassten Ministerratsbeschluss, nach dem der Schutz des Welterbes bei der Erstellung der Regionalpläne künftig stärker Berücksichtigung finden soll.
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